WAA-Polarlichtreise 2013

Ukonjärvi/Inarisee/Finnland, 09. 03. 2013

20130309sfl00.html

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9.3.2013:

WAAs erste Polarlichtreise steht an. Heute am Vormittag ist Abflug. Bald nach 9 Uhr trifft sich unsere Gruppe, nicht weniger als 23 WAA-Mitglieder, am Flughafen Schwechat. Das Einchecken geht rasch vonstatten und knapp nach 11 Uhr verlassen wir Wien mit einem Airbus A319 der Finnair in Richtung Helsinki, unserer ersten Station auf der Reise nach Ivalo im nördlichen Lappland. Nach einem angenehmen Flug von knapp über 2 Stunden landen wir in Helsinki. Das Wetter ist recht schön, fast ständig gute Bodensicht, vor allem als wir die Ostsee überqueren. Das gewährt einen Blick auf interessante Eisstrukturen am Meer, denn die Ostsee ist teilweise zugefroren. Immer wieder erinnert es mich an die Aufnahmen vom Jupitermond Europa.


Treffpunkt


Das erste Ziel


Check in


Von Wien ...


... nach Helsinki


Die übliche Bordverpflegung


Zwischenlandung


Von Helsinki ...


... nach Ivalo

Nach einem rund 2-stündigen Zwischenaufenthalt in Helsinki geht es mit einem Airbus A320 der Finnair in etwas mehr als 1,5 Stunden weiter nach Ivalo, wo wir in der beginnenden Abenddämmerung kurz nach Sonnenuntergang landen. Der Schnee knirscht zwar unter den Füßen, doch trotzdem ist es recht erträglich, so um die -10 Grad und die Kälte fühlt sich recht trocken an. Andreas Pfoser empfängt uns am Flughafen, denn er ist bereits seit einer Woche hier. Nach einer kurzen Autobusfahrt kommen wir an unserem Ziel an, dem Feriendorf Ukonjärvi. Ukonjärvi ist ein Nebenarm des ca. 1000km2 großen Inarisees, ganz im Norden Lapplands nah an der russischen Grenze gelegen.


März 2013: Die WAA landet auf Titan. Oder doch nicht?


Ankunft in ...


... Ivalo, 69° Nord


Empfang durch Andreas Pfoser


Transfer zur Unterkunft


Erste Besprechung nach dem Abendessen


Unsere Blockhütten

Zu viert beziehen wir eines der gemütlichen Blockhäuser und richten uns für die nächste Woche ein. Während des Abendessens, natürlich steht Rentier am Speiseplan, berichtet Andreas von seinen Beobachtungen der letzten Woche und gibt einen Ausblick auf Wetter und die Polarlichtwahrscheinlichkeit für den heutigen Abend. Die Chancen sind gegeben, doch noch verhindern dichte Wolken den Blick zum Himmel.


Gemütliche Wohnküche


Die Schlafzimmer


Darf in Finnland nicht fehlen: Die Sauna

Nach dem Abendessen suchen wir dann gemeinsam den Beobachtungsplatz am Seeufer auf. Im Südwesten zeigt sich bereits ein größeres Wolkenloch mit deutlicher Tendenz zur Vergrößerung, doch im Norden hängt noch eine Wolkenbank. Im Laufe der Zeit fällt dann ein bogenförmiges aufgehelltes von West nach Ost verlaufendes Wolkenband auf. Nach wenigen Minuten und einigen Testaufnahmen besteht Gewißheit, daß es sich um Polarlichter handelt, die hinter einem dünner werdenden Wolkenschleier schon aktiv sind. Andreas kommt hinzu und mit seiner Erfahrung zeigt er uns sofort die Bereiche am Himmel, wo sich bereits Polarlichter bilden. Was dann nicht mehr zu übersehen ist, entwickelt sich innerhalb von wenigen Minuten zu einem noch nie gesehenen Schauspiel. Plötzlich stehen die typischen Vorhänge aus Polarlichtern vor uns am Himmel, einer ständigen Bewegung und Veränderung unterworfen. So gut es geht versuche ich einen Kompromiß zu finden zwischen Fotografieren und Schauen. Es dauert ungefähr eine halbe Stunde, dann flaut diese Polarlichtaktivität deutlich ab und zurück bleibt nur mehr ein ganz zarter grauer Schleier an einigen Himmelsstellen.


Polarlichtbeobachtung auf dem Ukonjärvi

Obwohl die Temperatur für hiesige Verhältnisse gar nicht so tief ist, läßt es einen der doch merkbare Wind viel kälter empfinden. Für mich ist aber das größte Problem die Bedienung der Kamera. In den Schihandschuhen fehlt jegliches Gefühl. Manche Knöpfe und Schalter lassen sich wenn überhaupt nur schwer bedienen. Und ohne Handschuhe sind die Finger binnen kürzester Zeit Tiefkühlwürstchen. Schwer hier einen praxistauglichen Mittelweg zu finden. Schon kräftig ausgefroren beschließen Franz und ich das Abflauen der Aktivität für eine wärmende Pause in der Hütte zu nützen, die dann etwas länger ausfällt und uns eine weitere Aktivitätsphase entgehen läßt. Als wir uns dann wieder zum Seeufer begeben können wir noch eine kurze Zeit die abklingende Polarlichtaktivität beobachten. Da ist es dann schon deutlich nach Mitternacht, eine Zeit, zu der laut Andreas nicht mehr viel zu erwarten ist. Sohin beschließen wir einen langen, anstrengenden aber auch eben so schönen Tag nun unter der Decke ausklingen zu lassen.

Berichte im Detail:

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10.3.2013:

Allzuviel an Nachtruhe war uns nicht gegönnt, denn bereits um 9:30 ist Abfahrt zum Samenmuseum in Inari und am Nachmittag geht es dann weiter zu einer Rentierfarm.

Das sehr interessant gestaltete Museum gibt einen guten Einblick in die Geschichte und Lebensweise der Samen, einem heute ca. 90-140.000 Personen umfassenden Volk, das seit der Jungsteinzeit vor ca. 10.000 Jahren den Norden Skandinaviens zwischen Norwegen und Rußland bewohnt. Mich persönlich beeindrucken am meisten die vielen Exponate und Fotografien, die Flora und Fauna dieses Gebietes zeigen. Während wir jetzt im langsam ausklingenden Winter Skandinaviens nur die Farben weiß = Schnee, Blau = Himmel und grün = Wald sehen, bieten Frühling, Sommer und Herbst eine unzählige Farbenvielfalt, vor allem an Pastelltönen im Frühjahr und allen Arten an Braun- und Rottönen im Herbst. Es ist sicherlich eine überlegung wert Lappland auch einmal zu dieser Zeit zu bereisen.

Bevor wir Inari verlassen, versorgen wir uns noch in einem Supermarkt mit dem Wichtigsten für diese Woche, denn höchstwahrscheinlich wird sich keine Gelegenheit mehr dazu bieten.

Eine knapp halbstündige Autobusfahrt bringt uns zu einer Rentierfarm, wo es nach einer kurzen Unterrichtung über Rentiere die Möglichkeit gibt Rentierschlitten zu fahren, nach Meinung mancher von uns die lappländische Art des Wiener Ringelspielfahrens. Die Farmerfamilie bewirtet uns zum Abschluß unseres Besuches mit Tee und Kaffee in einer Hütte bei offenem Feuer, wo uns dann noch unter Begleitung auf einer Trommel aus Rentierhaut einheimischer Gesang dargeboten wird. Vor der Hütte steht etwas im Wald das aussieht wie ein etwas zu groß geratenes Vogelhäuschen mit Treppe. Unsere Neugier wird befriedigt. Bei diesem seltsamen Ding handelt es sich um eine Vorratskammer für Lebensmittel. Wer braucht in Lappland schon einen Tiefkühlschrank. Dann geht es wieder zurück ins Ukonjärvi Holliday Village.

Während des Abendessens gibt uns Andreas den täglichen kurzen überblick über die Wetter- und Polarlichtaussichten. Was wir zu diesem Zeitpunkt alle noch nicht wissen: uns steht eine lange und vor allem ganz außergewöhnliche Polarlichtnacht bevor.

So gegen 22 Uhr beginnt die Aurorashow. Zunächst erstreckt sich das Polarlicht bogenförmig von NW nach NO, relativ nahe am Horizont. Doch ist das bei weitem keine statische Angelegenheit. Es ist ein ständiger Wechsel der Intensität als auch der Formen und Bewegungen. Bedingt durch die Erdrotation, dreht sich unser Standort mit fortschreitender Zeit in den Aurorabogen hinein und somit steigt das Polarlicht im Laufe der Nacht immer höher in den Zenitbereich. Nahezu ununterbrochen fotografiere ich mit einem 24mm Weitwinkel und einem 16mm Fisheye-Weitwinkel mit einem diagonalen Bildwinkel von 180°. Zweimal habe ich dabei ganz besonderes Glück als mir Meteore durchs Bild ziehen und ihre Leuchtspur hinterlassen, das eine Mal sogar 2 in einem Bild. 2 Stunden lang ist es alles andere als langweilig. Man kommt aus dem Staunen und Schauen nicht hinaus.


Tolle Polarlichtshow diese Nacht

So um Mitternacht macht sich dann doch die Kälte bemerkbar und ich lege mit Franz eine Aufwärmpause mit heißem Tee in unserer Hütte ein. Als wir dann so gegen ein Uhr wieder hinaus in die Nacht treten und zum Beobachtungsplatz am See hinuntergehen, kommen wir nicht sehr weit. Das über unseren Köpfen fast im Zenit stehende Polarlicht nimmt plötzlich derart an Intensität zu, daß wir keine Sekunde mehr verlieren wollen und die Kameras aufstellen und fotografieren. Das hat auch einen Vorteil, denn die Bäume am Gelände geben einen sehr attraktiven Vordergrund ab.

Das Polarlicht zieht sich als breites grünes Band von Horizont zu Horizont und geht über unseren Köpfen durch den Zenit. In diesem leuchtend grünen Band sind parallel zur Verlaufsrichtung mehrere schmale dunkle Bänder zu sehen, die mich etwas an die langgezogenen Dunkelwolken in der Milchstraße erinnern, vor allem an die lange Emu genannte Dunkelwolke in der südlichen Milchstraße. Von Andreas erfahren wir später, daß das "schwarze Corona" genannt wird und nur sehr selten vorkommt. Ursache sind schmale Bereiche entlang den Magnetfeldlinien, in denen es keine Elektronen gibt. Der Grund dafür ist wissenschaftlich noch unklar. Als die Aktivität für einige Minuten nachläßt, gehen wir zu den anderen hinunter auf den See und dann geht es auch schon wieder mit dem nächsten Aktivitätsaufflackern weiter. Fast der ganze Himmel ist voll mit Polarlichtern. Teilweise sind sie derart leuchtstark, daß sie in intensivem Grün zu sehen sind. Gegen zwei Uhr Nachts sind wir schon müde, vor allem aber gut durchgefroren und machen uns auf den Weg ins Bett. Auch dabei müssen wir noch einen Zwischenstop einlegen, denn wieder steigt die Aktivität an und Fotos werden unvermeidlich. Es wird fast drei Uhr bis wir ins Bett kommen. Aber es hat sich jede Minute ausgezahlt und morgen können wir ausschlafen.

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11.3.2013:

Heute können wir zunächst einmal gut ausschlafen, denn es gibt kein besonderes Programm. Am späten Vormittag bricht eine Gruppe unter Andreas Führung zu einer Wanderung auf einen kleinen "Berg" (Hügel) auf, von wo es eine gute Aussicht auf den See gibt.

[Die Wanderung auf den Aussichtspunkt ist angesichts der Kälte und der Schneelage gar nicht unbeschwerlich, aber sehr lohnend, der Blick auf den zugefrorenen Ukonjärvi überwältigend. Zum Abschluss veranstalten Andreas, Ulrike und Thomas noch ein kleines Bobrennen, doch bei dem pulvrigen Schnee kommt kein allzu grosses Tempo auf. -- APi]


Blick auf den Ukonjärvi, ein Teil des Inarijärvi, der ganz am Horizont im Dunst verschwindet

Franz und ich unternehmen eine Wanderung zu einem kleinen See. Von dort marschieren wir weiter über eine Loipe durch den Wald und dann über den zugefrorenen Ukonjärvi und unseren Beobachtungsplatz zurück ins Feriendorf. Diese Wanderung führt deutlich den Unterschied zwischen Winter in österreich und Winter in Lappland vor Augen. Anfang März, in Mitteleuropa kommen schon die ersten zarten Vorboten des Frühlings, hat es hier auch tagsüber deutliche Minusgrade, der trockene Schnee knirscht unter den Sohlen, von Schneeschmelze noch keine Spur und die Sonne steht so tief wie in unseren Breiten im Dezember. So ungefähr läßt es sich erahnen, wie finster, kalt und unwirtlich es hier in den Monaten Dezember und Jänner sein muß.

Ab Sonnenuntergang, den wir uns vom Beobachtungsplatz am See aus ansehen, versuchen wir in der Abenddämmerung den Kometen PanSTARRS zu sichten, jedoch ohne Erfolg.


Sonnenuntergang am Ukonjärvi


Eiskalte Strandstimmung


Den Sonnenuntergang bewundernd


Die Kälte der Arktis ...


Lichtsäule

 

Beim Abendessen gibt es dann wieder Andreas Bericht über Wetter und zu erwartende Polarlichtaktivität. Vom Wetter her gesehen wird es zapfig. Bei klarem Himmel werden so ca. minus 25 erwartet, dafür ist aber mit keiner stärkeren Polarlichtaktivität zu rechnen. Vor dem Ausrücken auf den Beobachtungsplatz lege ich daher noch eine zusätzliche Schicht in Form von Angorawäsche auf. Als ich gegen 22 Uhr zum Beobachtungsplatz komme, ist die Milchstraße fast heller als das schwach leuchtende Polarlicht. Aber was heute an Polarlicht fehlt macht der Himmel wett. Eine freisichtige Grenzgröße von 7 mag bei bester Transparenz, das kenne ich sonst nur aus Namibia und das liegt mit 1800m deutlich höher. Wann kann man schon im untergehenden Orion M42 freisichtig knapp über dem Horizont beobachten? So ist jedenfalls für mich dieser Beobachtungsabend vor allem durch einen visuellen Streifzug über den Himmel gekennzeichnet. Die ca. 20° Grad Differenz in der geographischen Breite wirken sich merkbar aus. So ist z.B. der Schwan zirkumpolar und steht tief im Osten. Endlich kann ich wieder einmal auch den kleinen Wagen problemlos zur Gänze sehen und all die Sterne dieses Sternbildes, die wir so gerne zur Bestimmung der Grenzgröße verwenden.


Was für ein unglaublich toller Sternenhimmel!

Nur mit Polarlichtern sieht es heute eher dürftig aus. Hauptsächlich in Richtung Norden zeigen sich schwache Schleier, die man nur mit der Kamera von Wolken der Milchstraße unterscheiden kann, Dafür stecken aber alle für Polarlichter mögliche Farben in ihnen.


Bescheidene Polarlichtvorstellung diese Nacht

Bei minus 25 die Kamera zu bedienen ist eine Herausforderung, die ich mit dünnen Unterhandschuhen in den dicken Fäustlingen erträglich mache. Aber auch für die Kamera selbst ist diese tiefe Temperatur fordernd. Gegen Ende des Beobachtungsabends, als sich abzeichnet, daß kaum noch mit stärkerer Polarlichtaktivität zu rechnen ist, streikt meine Nikon und gibt die Meldung "Err", also Error, am Display aus. über Nacht wieder aufgetaut, stellt sich am nächsten Morgen schließlich nach einigem Probieren heraus, daß der Spiegel in hochgeklappter Stellung steckengeblieben und damit die Kamera in Streik getreten ist. Tja, rein mechanische Hasselblad-Kameras haben sogar unter den deutlich extremeren Bedingungen am Mond einwandfrei funktioniert. Nicht immer macht Elektronik auch glücklich. Bei klirrender Kälte gehen wir gegen ein Uhr zurück zu Hütte und schälen uns langsam aus unseren wärmenden Schichten. Am nächsten Tag berichtet Andreas, daß wir um 2 Uhr Nachts, also bei Abbruch der Beobachtung minus 26 Grad hatten. Tiefsttemperatur der Nacht war -28 Grad.

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12.3.2013:

Die auf heute vorverlegte Schlittenfahrt mit Huskies wird im letzten Augenblick doch wieder auf morgen verschoben und so nützen wir das schöne aber kalte Wetter für eine längere Wanderung über einen kleinen zugefrorenen See und dann hinein in die lappländischen Wälder. Wälder sind hier nicht das gleiche wie bei uns. Sie bestehen hauptsächlich aus eher kleinwüchsigen Kiefern durchsetzt von Birken. Auch die Bewuchsdichte ist viel dünner als in unseren Wäldern. Durchsetzt ist das Ganze noch mit diversem Strauchwerk. Abgesehen von dem von uns benützten Weg gibt es keine Spuren von Zivilisation im Schnee. Nur vereinzelte Tierspuren durchziehen das unberührte Weiß. Wir kommen an einen kleinen Bachlauf, der erstaunlicherweise nicht zugefroren ist. Trotz der Kälte für mich ein Zeichen, daß wir uns gerade noch in der "habitablen Zone" befinden. Einen ganz besonderen Reiz, vor allem für die Fotografen, üben die verschiedenen Formungen in der Schneedecke aus. Die Natur mit ihrem Formenreichtum schlägt da jeden Künstler.

Der Nachmittag dient dem Müßiggang, bevor es dann in der Abenddämmerung zur Kometenjagd geht. Bei PanSTARRS sind wir wieder erfolglos, aber dafür gibt es ein anderes Erfolgserlebnis. Es gelingt uns eine Sichtung des Neulichts. Der Mond ist nur 21 Stunden alt. Recht rekordverdächtig für diese geographische Breite. Freisichtig gelingt es mir nicht die wirklich nur hauchdünne Mondsichel wahrzunehmen, doch als ich in die Aufnahmen hinein zoome, ist sie deutlich erkennbar.


Rekordverdächtiges Neulicht

Kurz nach dem Nachtmahl gehen wir für ein paar Minuten hinaus, denn für 20:12 Uhr steht ein Iridium-Flare mit -8 mag im großen Bären am Programm. Pünktlich leuchtet der Flare fast mit der Helligkeit eines Landescheinwerfers eines Flugzeuges auf.

Durch die Wetteränderung der letzten Tage erleben wir nun eine Phase in der die Nachttemperaturen dramatisch absinken. Unterhalb von minus 20 Grad ist an der Tagesordnung. Auch wenn unser meteorologisches Wissen dadurch erweitert wird, aufbauend ist es nicht von Andreas zu hören, daß die in Wetterberichten veröffentlichten Temperaturen 2m über dem Boden gemessen werden. Bei unserem Beobachtungsplatz am See kann man aber davon ausgehen, daß die Bodentemperatur, also gerade dort wo die Füße sind, um 10 Grad niedriger ist. Es genügt nur daran zu denken und schon sind die Füße kalt. Und bei tiefen Temperaturen und Wind fällt noch der Windchill-Effekt stark ins Gewicht. Die gefühlte Temperatur ist z.B. bei minus 25 Grad und 15 km/h Wind bereits minus 35 Grad(!). Weiters steigt auch das Risiko, daß der Reifpunkt (= die Bezeichnung des Taupunktes unterhalb der Frostgrenze) erreicht wird und dann ist Schluß mit dem Fotografieren, denn die Kamera vereist schlicht und einfach, so schon einigen und auch mir bereits passiert. Haushalten mit der Wärme bzw. der Widerstandsfähigkeit gegen Kälte wird zum großen Thema. Jeder versucht nicht zu stark auszukühlen und auch mit der Aufenthaltsdauer der Kamera im Freien beginnen wir sparsam umzugehen.

Da erfahrungsgemäß die Polarlichtaktivitäten gegen Mitternacht hin ansteigen, gehen wir nicht zu früh hinaus. 22 Uhr ist eine recht gute Zeit. Mit zwischenzeitigen Aufwärmphasen kann man es dann bis gegen 1 oder 2 Uhr halbwegs aushalten, sofern die Kamera das ohne Probleme zu machen durchsteht.


Polarlichtbeobachtung bei eisigen Temperaturen

Heute zeigt sich eine eher geringere Polarlichtaktivität, geschätzt etwas weniger als in der ersten Beobachtungsnacht, aber dafür sind heute besonders viele Farben im Spiel. Während freisichtig nur ein zartes pastellartiges Grün wahrzunehmen ist, zeigen die Fotografien eine Vielzahl an zarten Farbtönen. Das Auf- und Ab in der Intensität und die ständigen Veränderungen verführen einen den Aufenthalt im Freien immer noch um ein Stückchen zu verlängern. Aber irgendwann einmal sind dann die Zehen so kalt, daß ich endgültig die Flucht in die warme Hütte antrete.

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13.3.2013:

Gleich zum Frühstück gibt es ein Highlight. Georg Zotti führt seine Videoanimation des Polarlichts der 2. Beobachtungsnacht vor. Ein visueller Hochgenuß, denn das Video demonstriert die Bewegungen und Veränderungen des Polarlichts in einer Deutlichkeit, die freisichtig nicht annähernd erreichbar ist. Weit über 1000 RAW-Dateien in ein Video mit dieser Qualität zu verarbeiten benötigte nicht nur rund 24 Stunden Rechenzeit sondern auch entsprechendes Können, Ausdauer und vor allem Begeisterung. Gratulation zu dieser Leistung!

20 Teilnehmer unserer Gruppe brechen dann auf, um mit Huskyschlitten durch die Landschaft Lapplands zu streifen. Nach einer kurzen Einschulung in den Umgang mit dem Schlitten und Einkleidung mit dicken schützenden Overalls bricht die erste Gruppe zu einer rund 2,5-stündigen Rundfahrt auf. Währenddessen verbleibt die 2. Gruppe auf der Huskyzucht bei Tee und Kaffee. Ich nütze die Wartezeit, um etwas durch das Gelände zu streifen, wo die Hunde untergebracht sind. Jeder Hund hat seine eigene Hütte, vor der er angekettet ist und sich in einem Kreis von ca. 4-5 m Durchmesser bewegen kann. Die Hunde als bloß freundlich zu bezeichnen wäre stark untertrieben. Nach einem vorsichtigen Beschnuppern von wenigen Sekunden beginnt eine nicht mehr enden wollende Welle an Liebesbezeugungen, angefangen mit der Umarmung mit den Pfoten, dem Hinaufspringen bis hin zu regelrechten Schmuseattacken.

Am frühen Nachmittag geht dann meine Gruppe auf Tour. Zunächst geht es durch waldiges Gelände zu einem zugefrorenen Flußbett, in dem wir dann längere Zeit fahren, bis wir wieder in den Wald abbiegen, um dann bei einem Zelt bei offenem Feuer eine Tee- bzw. Kaffeepause mit einem kleinen Imbiß (von mir etwas hochtrabend als Rentiercarpaccio auf Lapplandmazzes bezeichnet) einzulegen. Es ist ein kaum beschreibbares Erlebnis einen Hundeschlitten durch die unberührte Natur Lapplands zu lenken. Nicht weniger schön ist es aber auch im Schlitten zu sitzen und sich fahren zu lassen. Selbst fahren heiß vor allem sich auf den Weg und die Hunde konzentrieren. Nur nebenbei hat man auch einen Blick frei für Landschaft. Fahren lassen heißt vor allem die Landschaft genießen zu können und da gibt es viel Schönes und Abwechslungsreiches zu sehen. Zurück von diesem kleinen Abenteuer bin ich mir sicher etwas erlebt zu haben, das mir lange in Erinnerung bleiben wird.

[Eine kleine Gruppe, die nicht an der Huskytour teilnimmt, unternimmt inzwischen eine Wanderung über den zugefrorenen Ukonjärvi zu einer kleinen Insel.]


Wieder ein schöner, klarer und eiskalter Sonnenuntergang

Knapp vor 19 Uhr gehen wir dann wieder auf die Jagd nach PanSTARRS und diesmal mit erfolgreichem Ausgang. Es ist ein langes Suchen bis es Georg Zotti endlich gelingt voll ins Bild gezoomt ein Pünktchen nicht als Artefakt sondern als Komet zu identifizieren. Als wir dann wissen wo und wonach wir suchen müssen, gelingt es uns den Kometen auf mehreren Aufnahmen zu erkennen. Die Situation sollte aber nun von Tag zu Tag besser werden. Von freisichtig kann aber noch keine Rede sein, nicht einmal im Fernglas war der Komet heute zu sehen.


Komet PanSTARRS ist eingefangen!

Nachdem die Prognosen eher schwaches Polarlicht voraussagen, lassen wir uns Zeit den Beobachtungsplatz aufzusuchen zumal es extrem kalt ist. Am See liegt die Temperatur bereits im Bereich von minus 27 Grad. Erst gegen 23 Uhr gehen wir hinunter. Wie in den letzten Tagen erstreckt sich der Polarlichtbogen von NW nach NO mit deutlich höherer Aktivität im westlichen Teil. Visuell sind es zarte Lichtschleier mit einem Hauch von Grün, das auf den Fotografien in sattem Hellgrün erscheint.


Aus den heutigen Polarlichtern

Gegen 00:30 beenden wir das frostige Abenteuer. Am Weg zurück zur Hütte ist es so kalt, daß bereits der geringe Fahrt(Geh)wind im Gesicht weh tut. Es sollte die kälteste Nacht werden, die wohl jeder von uns erlebt haben wird.

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14.3.2013:

Zunächst wird einmal gut ausgeschlafen und spät gefrühstückt. Wie uns Andreas dann beim Frühstück berichtet, betrug die tiefste Nachttemperatur minus 34 Grad um 7 Uhr früh. Vermutlich waren wir zu diesem Zeitpunkt der kälteste Ort in bewohntem Gebiet, denn Andreas konnte keine Wetterstation finden, die eine tiefere Temperatur gemeldet hätte. Selbst auf Spitzbergen und in den bekannten kalten Orten Sibiriens war es wärmer. Ein WAA-Expeditionsrekord, der wohl nicht sobald gebrochen werden wird, außer es wird heute in der Nacht noch kälter. Mit einer Tageshöchsttemperatur von minus 15 Grad liegen wir dann heute tiefer als je in den letzten 10 Jahren hier in Ukonjärvi gemessen wurde.

Am frühen Nachmittag bricht ein Teil von uns zu einer Seewanderung zu einer Insel auf. Währenddessen unternehme ich mit Franz einen Spaziergang in der näheren Umgebung mit dem Ziel zu einigen Detail- bzw. Makroaufnahmen in der Schneelandschaft zu kommen.


Andreas Pfoser leitet die erste Arktisexpedition der WAA


Das Ziel: Eine kleine Inselgruppe im Ukonjärvi


Von Insel zu Insel

Gegen 19 Uhr steht dann wieder die Jagd nach PanSTARRS auf dem Programm, neuerlich mit einem desillusionierenden Ergebnis. Wiederum gelingt es Georg Zotti als ersten den Kometen ausfindig zu machen. Aber es bleibt dabei: bei seiner momentanen Helligkeit - und es ist leider kein Grund zu sehen, warum er deutlich heller werden sollte - wird das mit aller höchster Wahrscheinlichkeit kein freisichtiges Objekten werden und bis er in der Nacht hoch genug steht wird die Helligkeit schon viel zu gering sein, somit nur eine Objekt für Fernrohr und Kamera.


Komet PanSTARRS an diesem Abend

Beim Abendbriefing teilt uns Andreas mit, daß in den nächsten Stunden das Eintreffen eines koronalen Loches zu erwarten ist. Ein koronales Loch ist eine Region der solaren Corona, in der die Temperatur deutlich niedriger ist, wodurch verstärkt Sonnenwind abgestrahlt werde kann. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit und Intensität von Polarlichtern. Das Problem dieser Prognosen besteht darin, daß sich die Geschwindigkeit des Sonnenwindes nur sehr schwer einschätzen bzw. messen läßt, wodurch die Prognosen vor allem zeitlich ungenau werden. So passiert es dann auch, daß wir nur eine mäßige Polarlichtaktivität beobachten können. Der durch das coronale Loch bedingte Ausbruch trifft erst in den Morgenstunden zu Beginn der Dämmerung ein.


Polarlichter in dieser Nacht

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15.3.2013:

Unseren letzten Tag in Lappland widmen wir einem Spaziergang zur Mittagszeit und sonst dem Müßiggang.

[Eine kleine Gruppe besteigt heute noch einmal den Aussichtsberg, wo sich heute eine bizarre Winterlandschaft, weite Ausblicke bis nach Russland und auch die Begegnung mit einer unrühmlichen Vergangenheit erleben lassen.]


Blick auf den Ukonjärvi, ganz am Horizont ...


... die riesige Eisfläche des Inarijärvi

[Am Abend dann noch einmal ein toller arktischer Sonnenuntergang, gefolgt von einer sehr klaren Nacht.]


Der letzte Sonnenuntergang dieser Polarlichtreise


Unser altbekannter Mond


Wieder eine ganz tolle Sternennacht

Polarlichtmäßig wird es eine ruhige Nacht, denn die Aktivität ist fast völlig abgeflaut.


Das war alles, was das Polarlicht diese Nacht zu bieten hatte

Aber wir dürfen nicht raunzen. In sieben Nächten sechsmal Polarlichter zu sehen kombiniert mit dem Glück nahezu ständig klaren Himmel zu haben, dazu ist schon eine recht große Portion Glück notwendig.

Berichte im Detail:

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16.3.2013:

Bald nach 11 Uhr brechen wir zum Flughafen auf. Um 13:30 geht es dann zunächst wieder mit einem Airbus nach Helsinki. Beim Landeanflug berichtet der Captain vom "Frühlingsbeginn" in Helsinki bei Sonnenschein und einer Temperatur von minus 1 Grad. Im hohen Norden hat man halt etwas andere Vorstellungen vom Frühling als bei uns zu Hause.


Warten auf den Abflug


Für's WC sollte man ...


... mit samischer Tracht vertraut sein


Unsere Maschine ...


... nach ...


Helsinki


Das Schärenmeer vor Helsinki


Schiffe auf der zugefrorenen Ostsee


Tallinn

Nach einer zweistündigen Pause geht es dann mit einer kleineren Embraer weiter nach Wien, wo wir pünktlich um 18:30 eintreffen. Im Steigflug von Helsinki Richtung Süden überqueren wir wieder die Ostsee und fliegen der Küste entlang über die Städte Tallin und Riga, bevor wir über Polen ins Landesinnere in Richtung Warschau schwenken. Wieder wie schon beim Hinflug bezaubert die Eislandschaft der zugefrorenen Ostseeküste.


Die Gruppe, wohlbehalten wieder daheim

Fazit: Die Polarlichtreise der WAA war ein voller Erfolg, wovon wir in unserer Erinnerung noch lange zehren werden. Neben dem "astronomisch-atmosphärischen" Erlebnis der Polarlichter wird die landschaftliche Schönheit und Unberührtheit des hohen Nordens einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Nicht ganz unwahrscheinlich, daß der eine oder andere oder vielleicht auch die WAA diese einmalige Reise wiederholen wird.

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Text: Thomas Schröfl
Fotos: Alexander Pikhard, Thomas Schröfl


Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at