Venustransits im Vergleich: 2004 / 2012

Wien Donaustadt, 06. 06. 2012

20120606jho04.html

Beobachter / Observer: Jo Hoffmann
Datum / Date: 06. 06. 2012
Uhrzeit / Time: 04:45 bis/until 07:00 MESZ
Beobachtungsort / Location: Wien Donaustadt
Instrument:
Bedingungen / Observing conditions:
Durchsicht / Transparency: gut (2)
Seeing: gut (2)
Abstract:

Comparing my visual observations of the Venus transit in 2004 with the digital photos taken in 2012 brings the question into focus: Was the refracted sunlight seen around the dark side of Venus shortly before 2nd contact real? Nothing of this sort can be detected on digital images I took in 2012 with the same telescope? Can visual observations reveal details not seen in digital images? Is digital photography simply more objective and less prone to pysiological effects? Or are there different weather conditions on Venus which determine the "refractive" index of the atmosphere?

Bericht / Report:

Acht Jahre liegen zwischen dem letzten Venus-Transit am 08.06.2004 und jenem der letzten Woche. Und dazwischen lag, zumindest für mich, die "digitale Revolution", denn der letzte Venusdurchgang fand noch im "analogen Zeitalter" statt. Mit Interesse blätterte ich also in meinen alten Beobachtungsaufzeichnungen mit den analogen Fotos vom letzten Kontakt und den Zeichnungen, die ich am Okular des 20 cm Schmidt Cassegrain bei Beginn des Ereignisses bei 200 und 330-facher Vergrößerung machte. Gleichzeitig beobachtete damals meine Tochter Irene mit dem 80 mm Bresser-Refraktor, ein Gerät, das auch diesmal für mich und die interessierten Besucher zum Einsatz kam.

1. und 2. Kontakt fanden damals um 07:19:53 bzw. 07:39:27 Uhr statt (Zeiten nach meinen Beobachtungsergebnissen), also ziemlich vergleichbar mit der Uhrzeit vom Ende des Transits in diesem Jahr. Auch die sonstigen Bedingungen waren nahezu identisch, nur war diesmal auf dem Meade eine EOS 450D Digitalkamera montiert. Wird diese besser geeignet sein, die flüchtigen Details zu dokumentieren, die ich 2004 beobachten konnte?

Am 8. Juni 2004, kurz vor dem 2. Kontakt notierte ich:

07:30:00 - Im 6 mm Okular (d.h. 330x) ist schwach eine Aureole zu sehen, allerdings nur an einer Seite der Venus. Ich bin relativ sicher, dass es ein reales Phänomen durch die Venusatosphähre ist und kein optischer oder physiologischer Effekt.

07:34:15 - Beobachtung mit 9,8 mm Okular (200x). Aureole ist nun auf beiden Seiten der Venusrandes erkennbar, am "vorausgehenden" etas deutlicher, doch auch an der 2. Spitze.

07:36:00 - Irene sieht im SC den hellen Rand jetzt "rundherum", genau wie ich.

07:37:00 - Irene beobachtet wieder mit dem Bresser Refraktor und sieht auch dort den aufgehellten Rand mit dem 6 mm Okular (67x).

07:37:50 - Der Rand ist als durchgehendes Lichtband deutlich sichtbar.

07:38:20 - Die Aureole löst sich im immer schmaler werdenden "Verbindungsstück" in einzelnen Lichtknoten auf, eine Arte Perlschnurphänomen. Irene und ich wechseln mehrfach zwischen den Teleskopen und verpassen so den exakten Zeitpunkt des 2. Kontakts. Im SC sehe ich ihn um 07:39:00 als soeben erfolgt, keinerlei Anzeichen eines nachfolgenden Tröpfchenphänomens. Sonne- und Venusrand scheien schön sauber getrennt, auch eine Ausbuchtung des Sonnendandes war nciht auszumachen.

Soweit die Notizen von vor 8 Jahren. Wie war im Vergleich der 3. Kontakt, wo die geometrischen Umstände sehr ähnlich waren? Werden auf den Fotos ähnliche Effekte sichtbar sein? Die Belichtungszeit wurde so gewählt, dass auch schwache Lichteffekte am Venusrand erkennbar sein sollten. Ausschnittvergrößerungen aus den Bildern, gemacht mit demselben Teleskop wie die Beobachtung von 2004, zeigen keine Randaufhellungen, die durch die Venusatmosphäre verursacht wurden.


06:36:13


06:36:27


06:36:43


06:36:53


06:37:27


06:37:33


06:37:37


06:39:53


06:40:11


06:41:09

Bleiben drei mögliche Erklärungen:

  • Die Beobachtungen von 2004 beruhen auf optischen Täuschungen oder Wunschsehen. Die digitalen Bilder sind objektiver.
  • Die Effekte sind in einem 20 cm SC Teleskop gerade noch visuell auszumachen, das Auge ist in diesem Punkt der verwendeten Digitalkamera überlegen.
  • Die Effekte von 2004 waren real, doch die atmosphärischen Bedingungen auf der Venus waren 2012 einfach anders und ließen keine so starke Lichtbrechung zu.

Zu den ersten beiden Erklärungsversuchen würden mich die Beobachtungen anderer Sternfreunde interessieren, die beide Venustransits mit hoher Vergrößerung beobachtet haben. Zur dritten Möglichkeit würde ich bei Andreas Pfoser anfragen: Nach der exakten Wetterprognose für die Erdatmosphäre über Wien für den Venustransit, gibt es vielleicht auch Wetterdaten für die Venus vom 06.06.2012? Womöglich ein Klimawandel auch auf unserem Nachbarplaneten !?! ;-)


Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at