Deep Sky Wochenende Hohe Wand

Hohe Wand , 09. 10. 2010

20101009sfl18.html

Beobachter: Thomas Schröfl (thomas.schroefl@waa.at)
Datum: 09. 10. 2010
Zeit: 18:00 bis 23:00 Uhr MESZ
Ort: Hohe Wand
Instrument: Swarovski Habicht 7x42 SL, Miyauchi 20x77, Pentax 75 SDHF,
Bedingungen:
Durchsicht: sehr gut (1)
Grenzgröße: 6.5
Aufhellung: gut (2)
Seeing: sehr gut (1)
Wind: kein
Temperatur: 3°C
Feuchtigkeit: 93
Bericht:

Am Samstag folgt nun die Fortsetzung des Deep-Sky-Wochenendes auf der Hohen Wand. Ab dem späten Nachmittag treffen nach und nach die Beobachter ein. Als es dämmrig wird, ist beginnend nach dem Parkplatz nahezu der ganze Wiesenrand des Weges in Richtung Wald mit Teleskopen besetzt. Die im wahrsten Sinne des Wortes überragende Erscheinung unter den Teleskopen ist Wolfgang Valentins 180mm Astrophysics auf einer AP900GTO-Montierung, dem heute noch eine tragende Rolle zukommen wird.

Da ich kein zweites Mal das Stromkabel vergesse, vergeht einige Zeit mit dem Aufbau bis die Montierung poljustiert und der Autoguider kalibriert ist. Als alles startbereit ist, kommt die kalte Dusche. Feuchtigkeit hat sich über die Wiese gelegt – das Hygrometer muß so ca. bei 100% anschlagen – und die kälter gewordene Luft ist mehr als nur gesättigt mit Wasser. Es rinnt regelrecht von meiner Montierung, Tubus, Zenithspiegel, Camera einfach alles ist klatschnaß, aber vor allem ist die Optik hoffnungslos angelaufen. Die Taukappe des Pentax ist für die heutigen Bedingungen ganz offensichtlich zu kurz. Vermutlich würde ich bei dieser Feuchtigkeit ein Ofenrohr benötigen.

Trotz Ventilator mit Handbetrieb und Taukappenheizung bekomme ich weder am Pentax noch am Miyauchi die Frontlinsen für viel länger als eine Minute klar. Kleiner Trost am Rande: ich bin nicht der einzige, der heute mit diesem Problem kämpft. Nach einer Stunde ununterbrochener Trockenlegungsversuche gebe ich genervt w.o., betrachte den Sternenhimmel halt nur mit dem Fernglas und werfe auf einem Rundgang immer wieder bei anderen Blicke ins Okular, die als Besitzer von Newtons oder extrem langen Taukappen heute eindeutig im Vorteil sind. Da heute kein heller Stern in der Nähe steht, ist die weitreichende Koma des Kometen 103P/Hartley 2 deutlich besser zu sehen als gestern in Oberleis. Gespannt bin ich, ob sich eine Freisichtigkeit wirklich ausgehen wird. Lange Zeit verbringe ich bei Alex, über dessen Schultern ich auf seinem Laptop die heutigen Jupiterereignisse beobachte. Das Seeing ist wirklich ausgezeichnet, ideal für eine Jupiternacht, die vor Transits und Schattendurchgängen nur so strotzt.

Natürlich hat auch Wolfgang Valentin seinen 180er Astrophysics auf den heute so interessanten Jupiter ausgerichtet, mit dem Erfolg, daß sich schnell eine längere Schlange Schaulustiger hinter seinem Fernrohr bildet. Ein Blick durch das Okular zeigt, daß es das Anstellen wert ist. Ein 180er f9 APO ist halt schon ein exzellentes Planetengerät, noch dazu wenn es von Astrophysics kommt und so wie heute das Seeing mitspielt. Ruhig und gestochen scharf steht Jupiter im Gesichtsfeld, an Kontrast nicht mehr zu überbieten und so hell, daß Hans-Peter Müllner sogar ein Graufilter holt.

Man könnte sich ohne weiteres eine gute Stunde Zeit nehmen, um alle Einzelheiten in Jupiters Atmosphäre in Ruhe und mit Genuß zu beobachten. Verständlich, daß einer in der Warteschlange meinte, als er einen Blick in das Okular warf: „die hinter mir kommen morgen dran“. Wolfgang und Hans-Peter verwenden ihre Bestände an Okularen und Barlowlinsen, um die Vergrößerung bis in die Gegend von 1000fach hinaufzutreiben, was sich dann aber doch als ein bißchen zuviel des Guten herausstellt. So macht jedenfalls Planeten beobachten wirklich Freude, nur schade, daß es an so wenigen Tagen im Jahr möglich ist. Gegen 23 Uhr baue ich meine inzwischen bestens gewaschene Ausrüstung ab. Trotz des Mißgeschicks mit dem Tau ein sehr schöner Abend. Wie es so schön heißt: „Es gibt kein schlechtes Wetter sondern nur die falsche Kleidung“. Umgelegt auf Teleskope: „Es gibt keine feuchten Nächte sondern nur zu kurze Taukappen und zuwenig Strom (für die Taukappenheizung)“.


Ein Bericht der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at