Deep Sky CCD

Raiffeisen-Volkssternwarte Mariazell, 11./12. 12. 2004

20041211api17.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:11. 12. 2004
Zeit:17.00 bis 03.00 Uhr MEZ
Ort:Raiffeisen-Volkssternwarte Mariazell
Instrument:12" Meade LX-200, StarlightXpress MX916
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:6.0
Temperatur:-3 °C
Luftfeuchtigkeit:trocken
Wind:kein
Bemerkungen:Ab ca. 22 Uhr wirklich traumhafte Bedingungen
Bericht:

Es ist die zweite bemerkenswerte Beobachtungsnacht an diesem Wochenende, und wie schon am Vortag beginnt sie früh; schon ab 17 Uhr sind die Bedingungen geeignet für ernsthafte Beobachtungen. Und sie wären es bis 6 Uhr früh, doch so lange wird niemand aushalten.

Wieder wird es eine Nacht, in der sowohl visuell als auch fotografisch gearbeitet wird. In der Kuppel der Sternwarte haben Günther und Walter an so ziemlich allen Rohren ihre CCD-Kameras montiert, und da es wieder so gut wie windstill ist, kann ich auch vor der Sternwarte mit meinem 12" LX200 fotografisch arbeiten - unter den gleichen Einschränkungen wie am Vortag: Azimutal aufgestellt, daher nur mit kurzer Belichtungszeit. Dafür mache ich lange Serien und überlasse das aufwendige aufsummieren der Bilder dann AstroArt. Wiederum verkürze ich die Brennweite auf ca. f/3.3.

Zum visuell beobachten ist heute vor allem Rolands 18" Dobson das zentrale Gerät, aber auch Wolfgangs 7" Astrophysics Refraktor ist für Blicke begehrt. Auch die beiden 10" LX200 können sich nicht über zu wenig Andrang beschweren.


Szenen einer Beobachtungsnacht: Der grosse Dobson ist ...


... praktisch in allen Lagen im Einsatz


Viele grosse Rohre sind auf den Himmel gerichtet

Nun zu den fotografischen Resultaten an meinem Instrument. Wieder kann ich, obwohl eine Belichtungsserie (30 Minuten Belichtung plus Auslesezeiten) fast eine Stunde dauert, 10 Objekte aufnehmen - der Vergleich mit Namibia drängt sich wieder auf; diesmal wage ich mich auch an einige "Exoten".

Wie gestern ist auch heute ein Kugelsternhaufen mein erstes Ziel; es ist noch nicht völlig dunkel, da kann ich noch keine nebeligen Objekte aufnehmen.

Die Belichtungszeit beträgt hier nur je 10 x 20 Sekunden pro Farbe, aber bei diesem prächtigen Haufen genügt das vollkommen.

Man vergleiche M2 mit dem am Vortag aufgenommenen M15: M2 ist wesentlich weniger konzentriert.

Na gut, das war jetzt etwas übertrieben. Der Cirrus-Nebel steht schon tief im Westen und ist für mein Feld auch zu gross. Aber ein paar Filamente sind nahe dem hellen Stern 52 Cyg zu erkennen.

Während ich überlege, was ich als nächstes aufnehmen soll, vernehme ich verzückte Kommentare von Anneliese: Sie hat im Feldstecher NGC 253, die grosse Sculptor-Galaxie eher zufällig gefunden. Das südliche Objekt ist ja wirklich sehr deutlich.

Ich wage mich daher über eine Serie von 3 x 30 x 20 Sekunden, und in der Tat kommen enorm viele Details heraus. Ein Südobjekt. Little Namibia.

Jetzt ist die Zeit für den ersten Exoten. Nahe bei NGC 253 steht der Kugelsternhaufen NGC 288. Stünde er in unseren Breiten nicht so tief, er würde M13 & Co. den Rang ablaufen.

NGC 288 ist einer der typischen nahen, daher grossen und gut aufgelösten Kugelhaufen (wie M55, NGC 6397, NGC 6752), die eigentlich fast nur am Südhimmel vorkommen.

Wieder ein Objekt, das man normalerweise in Namibia fotografiert.

Fasziniert von den südlichen Objekten wage ich mich angesichts des nicht allzu guten Seeings doch nicht weiter in den Sculptor vor, sondern gehe nach Norden.

Visuelle Eindrücke im 18" Dobson haben mich überzeugt, dass das Zentrum des grossen Andromeda-Nebels (M31) heute eine Wucht ist.

In der Tat zeigt die Aufnahme tolle dunkle Filamente und ich überlasse die Identifikation von Nebeln, offenen und Kugelsternhaufen unseren Lesern.

Ich bleibe in höheren Regionen, auch wenn dies in weiterer Folge sehr mühevolles Aufaddieren der Bilder zur Folge hat - je höher, desto stärker die Bilddrehung.

Mein nächstes Objekt ist der interessante Nebel NGC 7023 im Cepheus, er wird von einem hellen Doppelstern beleuchtet.

Visuell ist bei diesem Objekt fast gar nichts zu sehen.

Auch dieses Objekt hatte ich schon einmal am großen 16" Meade der Sternwarte aufgenommen. In der kleineren Konfiguration passt endlich der ganze Nebel ins Feld.

Es ist NGC 7635, der Bubble-Nebel in der Cassiopeia. Auch bei diesem Objekt ist visuell nicht allzu viel zu sehen.

Auf der Aufnahme erkennt man aber deutlich die "Bubble", die grosse Gasblase.

Nachdem M97 durch viele Rohre visuell bestaunt und als gut sichtbar beschrieben wird, wage ich mich an diesen Planetarischen Nebel im Großen Bären.

In der Tat zeigt die Aufnahme viele interessante Details, und die Farbe des schwachen Zentralsterns ist sehr deutlich zu erkennen.

Es ist der Eulennebel, wie man mit etwas Phantasie erkennen kann.

Es ist doch Winterhimmel, und es gibt noch zahlreiche Exoten. Einer ist NGC 2174, ein interessantes Nebelgebiet im Norden des Orion an der Grenze zu den Zwillingen.

Um einen recht hellen Sternhaufen steht ein helles H-II-Gebiet, das einen auffälligen, diffusen Nebelknoten am Rand zeigt.

Auch visuell ist der Nebel ansatzweise zu erkennen.

Noch ein Exote. IC 443 in den Zwillingen steht zwischen den beiden hellen Sternen μ und η Geminorum (Tejat Prior und Tejat Posterior).

Hier ist visuell kaum mehr etwas zu sehen, aber in der Aufnahme kommt der extrem rote Nebel wirklich gut heraus.

Es ist jetzt schon wieder gegen drei Uhr und langsam wird es Zeit, die Beobachtung zu beenden. Rasch noch ein Blick mit freiem Auge über den Himmel. Die Milchstraße steigt jetzt genau im Süden empor, vor allem tief im Süden erkennt man mit freiem Auge tolle Strukturen; unschwer sind die beiden offenen Sternhaufen M46 und M47 als zwei nahe bei einander liegende, diffuse Flecken zu erkennen. Sie waren in Franz Myiauchi ein unvergesslicher Anblick: Der dichte M46 mit seinen schwachen Sternen (und dem eingebetteten planetarischen Nebel NGC 2438), der lockere M47 mit seinen extrem hellen Sternen - was für ein ungleiches Paar.

Der Komet C/2004 Q2 (Machholz) ist deutlich mit freiem Auge zu sehen, im Fernrohr erkannten wir den breit gefächerten Staub- und den dünnen Gasschweif. Interessant: Während ich diesen Bericht schreibe, Tage später, gebe ich ein Telefoninterview für Ö3 zu genau diesem Thema.

Die Geminiden werden auch immer zahlreicher. Zum Glück hat keiner eine meiner insgesamt 840 (!) Aufnahmen "getroffen".

Es war wieder eine bemerkenswerte Nacht, schade, dass die Müdigkeit überhand nimmt. Doch ich weiss: Der Wetterbericht verspricht noch einige Tag anhaltendes Hochdruckwetter, ich werde wohl noch ein- oder zweimal auf die Ebenwaldhöhe fahren ...

Ich habe in diesen zwei Nächten viel gelernt und glaube jetzt, einen Überblick zu haben, was ich an meiner Ausrüstung verändern muss, um wirklich gute Astrofotos machen zu können.