Beobachten im Winter

Tipps, damit Astronomie das ganze Jahr lang Freude bereitet

 

Die langen Nächte im Winter sind verlockend; bei früh einsetzender Dunkelheit wird Astronomie zum Abendprogramm und ganz Hartgesottene können die vielen Stunden der langen Winternächte für viele Objekte oder lange Belichtungszeiten nützen. Doch der Preis für die langen Winternächte ist Kälte und oft auch Schnee. Kein Grund, nicht zu beobachten! Mit der richtigen Ausrüstung macht Astronomie auch in der kalten Jahreszeit viel Freude.

 

1. Auto


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Auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen: Einen guten Beobachtungsplatz mit dunklem Himmel erreicht man so gut wie nur mit dem Auto. Öffentliche Verkehrsmittel verkehren meist nur in Ballungsräumen bzw. unter Tags und eine schwere Astroausrüstung läßt sich ebenfalls nur mit einem Auto transportieren. Damit sind wir schon beim ersten Thema: Auto winterfest machen.

Dazu gehören nicht nur Winterreifen (die sind ein Muss); auch die Batterie checken - vor allem die, die Strom fürs Fernrohr aus der Autobatterie beziehen. Das empfehlen wir eigentlich gar nicht, vor allem im Winter! Es gibt preisgünstige Blei-Gel-Akkus, die auch tiefere Tempraturen vertragen. Und wenn es einmal höher hinaus geht (zB auf die Ebenwaldhöhe oder die Hohe Wand), dann sollten eigentlich auch Schneeketten "an Bord" sein, für alle Fälle.

Viele lassen aus Gewohnheit Türen oder Heckklappen beim Beobachten offen. Achtung! Zum einen können die Scheiben nicht nur außen, sondern auch innen vereisen, und das hat schon so manche Abfahrt erheblich verzögert, zum anderen kann auch die schwächste Innenbeleuchtung die Batterie entleert - außerdem stört doch jede noch so schwache Lichtquelle.


 

2. Kleidung


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Kleidung passend wählen. Bei den Schuhen fängt es an. Tipps beim Maronibrater holen! Wir stehen ja doch ein paar Stunden herum. Warme Schuhe sind zu wenig, auf jeden Fall sind Isoliersohlen angesagt. Gibt's billig im Schuhhandel. Beheizte Sohlen sind vielleicht übertrieben, weil die ja wirklich nur für Schischuhe, in denen der Fuss keinerlei Bewegung macht, gedacht sind. Schiunterwäsche ist bei Beobachten ebenfalls angesagt. Und eine Oberbekleidung, durch die kein Wind durchgeht. Auch hier ist Schibekleidung ideal, nur muss man bedenken, dass wir beim Beobachten weniger Bewegung machen als beim Wedeln!


 

3. Fenrohr und Zubehör


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Fernrohr. Das Fernrohr muss das eigentlich aushalten. Eventuell Getriebefett checken. Die Stromversorgung kann bei sehr niedrigen Temperaturen zum Problem werden. Die oben erwähnten Blei-Gel-Akkus haben sich bestens bewährt, aber unter Umständen reicht einer für eine Nacht nicht aus.

Bei hoher Luftfeuchtigkeit ist eine Taukappe unerlässlich. Bei niedrigen Temperaturen läuft das Fernrohr nicht nur an, es vereist. Und dann hilft auch kein Gebläse mehr.

Fernrohr lange auf die Aussentemperatur anpassen, beim Transport im Auto nicht einheizen, auch wenn's grimmig ist. Lieber im Schianzug fahren als das Fernrohr vereisen lassen! Ausserdem erspart man sich so etliches an Tubusseeing.

Zubehör. Ein Tisch ist unerlässlich, wenn Schnee liegt. Am Boden kann man nichts mehr abstellen. Wenn es feucht ist, Koffer immer schließen, sonst bildet sich überall eine Eisschicht. Nicht benötigte Okulare etc. immer verschließen. Sollten Tisch- und Stativbeine am Boden festfrieren, erweist sich etwas Auftaumittel im Gepäck als nützlich.

Kameras, Laptop: Elektronische Geräte arbeiten an sich nur bis ca. +10°C einwandfrei, zumindest garantieren das die Hersteller. Bei tieferen Temperaturen können die Geräte Schaden nehmen.

Dass es dennoch klappt, davon zeugen ja die vielen Berichte und Fotos aus dem Winter. Einige Dinge gilt es aber zu beachten. Im Betrieb erzeugt ein Laptop genügend Wärme, sowohl im Gerät als auch in der Anzeige. Bleibt das Gerät aber im ausgeschalteten Zustand länger großer Kälte ausgesetzt, kann es in der Tat Schaden nehmen, vor allem die LCD-Anzeige. Daher gilt: Auch Kameras und Laptops gehören in einen schützenden Koffer.

Bringt man ein elektronisches Gerät aus der Kälte in einen warmen Raum, soll man es einige Stunden lang weder einschalten noch aufladen, da sich im Gerät unweigerlich Kondenswasser bildet, das zu Kurzschlüssen führt.

Kabel können bei Kälte sehr steif werden. Nicht gewaltsam biegen oder eng zusammenrollen! Nicht nur, dass die Kabel brechen können, es kann auch "nur" die Isolierung brechen und so ein Kurzschluß entstehen.

Hantieren mit Handschuhen. Vorsicht beim Hantieren mit Handschuhen. Wenn man kein Gefühl in den Fingern hat, riskiert man, Teile zu verlieren oder zu beschädigen. Verwenden Sie geeignete Handschuhe. Heikle Handgriffe sollte man vielleicht ohne Handschuhe vornehmen, aber Achtung, Metallgegenstände können im Lauf einer Nacht sehr kalt werden!


 

4. Beim Beobachten


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Bewegung. Immer wieder Bewegung machen! Schon ein paar Minuten auf- und abgehen hilft, um die Füße wieder warm zu bekommen. Wenn die Hände klamm werden, einfach die Finger bewegen, bis wieder ein Gefühl eintritt.

Proviant. Die Thermoskanne mit heißem Getränk gehört unbedingt dazu. Klarerweise alkoholfrei, schon des Führerscheins wegen. Aber Alkoholkonsum beeinträchtigt auch die Wahrnehmungsfähigkeit unserer Augen.

Und wenn es gar nicht mehr auszuhalten ist: Abbauen! Es hat keinen Sinn, Erfrierungen zu riskieren.

Und noch ein Tipp: Im Winter nicht alleine beobachten! Wenn das Auto bei -15°C an einem abgeschiedenen Platz ohne Handyempfang nicht mehr anspringt, kann das eine lebensbedrohliche Situation werden!

Wir hatten schon sehr schöne winterliche Beobachtungsnächte. Der Himmel ist reich an interessanten Objekten, die Nächte sind lang.

Unser Kälterekord bei einer Astropraxis nahe Wien lag bei -15°C und 60km/h Wind, am 22. 1. 2006 (Bericht hier); das ist sicher eine Ausnahme, aber Beobachten macht auch im Winter viel Spass und von ein bisserl Schnee oder Kälte lassen wir uns die Freude nicht verderben.

Die niedrigstens Temperaturen beim Beobachten erlebten wir im Rahmen der Polarlichtreise im März 2012 in Lappland, wo unter wolkenlosem Himmel -37°C erreicht wurden, stellenweise sogar weniger. Entsprechend ausgerüstet konnten wir selbst dort mehrere Stunden lang dieses wundervolle Naturspektakel beobachten.


 
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